Achtung, langes Essay
Sei so gut und klär mich dann darüber auf, was genau dann dein tatsächlich formuliertes Argument ist. Scheint mir nämlich nicht besonders gut zu gelingen, das ohne Räuberleiter zu verstehen.
Zum Beispiel? Mir fällt da ein sehr aktuelles, sehr prominentes Gegenbeispiel ein: Aktuelle Nachrichten aus Deutschland | tagesschau.de
Da sieht man sehr deutlich, dass buchstäblich ein gesetzlicher Zwang besteht, dass die Männlichkeitsform Frauen mitmeinen muss (denn Frauen sind vom Gesetz natürlich nicht ausgenommen), aber die Weiblichkeitsform Männer nicht mitmeinen kann. Was auch immer du als für ein Beispiel hast - ich bin gespannt.
Du hast dieses Recht. Es steht dir natürlich frei, einen besseren Vorschlag zu bringen.
Verstehe ich nicht. Wenn ich festlege, ob ich mich durch eine Aussage diskriminiert fühle, dann lege ich automatisch fest, ob du dazu nichts mehr sagen darf? Das stimmt einfach nicht.
Du erkennst also an, dass es generell Diskriminierung gibt (nicht sprachlich natürlich). Wie sieht die aus? Also, konkret, sodass du da sogar helfen kannst?
„I’m not racist, I habe a black friend.“ Nur weil es Leute gibt, die mit einer Sache kein Problem haben, heißt das nicht, dass das Problem nicht existiert.
Das muss man halt auch anerkennen - die aktuell mir bekannten Lösungen sind alle nicht perfekt. Sie stellen aber aus meiner Sicht eine Verbesserung dazu dar, wie es bis vor ca. 20 Jahren (oder so - hab die Zahl gerade aus der Luft gegriffen, sie nur rhetorischer Natur) war.
Du weißt hoffentlich, dass ich dir grundsätzlich zustimme @Frnk, aber man muss anerkennen, dass das Thema wirklich nicht ganz einfach ist.
Das ist ein total guter Punkt. Die Idee ist ja, dass die Konstruktion inklusiv gemeint sein soll - also alle, nicht nur Männer und Frauen, sondern eben das gesamte Spektrum. Wenn das unzureichend ist, sollte das Ziel sein, etwas besseres zu finden (wie die oben genannte frei wählbare Anrede, mit Freitext) und nicht zu sagen „alles bleibt besser so, wie es ist“. Oder?
Weite Teile der britischen Gesellschaft haben für den Brexit gestimmt und weite Teile der US-Gesellschaft für Donald Trump. Ist das wirklich argumentativ robust?
Ich stimme dir hier zu, würde aber noch eine zusätzliche Perspektive anbieten. Selbst wenn nämlich die Sprache nicht die Gedanken und dadurch die Gesellschaft formt, wird in jedem Fall durch die Anpassung der Umstände (z.B. in Form von genderneutraler Sprache) aufgezeigt, wo sich bereits existierende, signifikante Ungleichbehandlungen finden lassen. Das Beispiel mit dem Gesetzestext im generischen Femininum ist sehr anschaulich. Alternativ auch Fälle, wo man Texte umschreibt und Frauen gegen Männer tauscht und umgekehrt. Da sieht man, wie merkwürdig manche Sachen sind, aber als total gängig wahrgenommen werden.
Ganz wichtig und 100% korrekt. Auch dort erfordert es natürlich die Teilnahme durch die Gesellschaft, denn natürlich gibt es trotzdem Männer- und Frauenbilder und -rollen, die dadurch auch nicht einfach verschwinden.
Nochmal meine Frage vom Anfang: Warum ist das schlechter als der heute noch sehr verbreitete generische Maskulin?
Ja, aber gendergerechte Sprache nutzen ist so einfach. Warum nicht einfach machen, wenn es so einfach ist - selbst, wenn darauf nicht der Fokus liegt?
Ohne jetzt für jemand anderen sprechen zu wollen: diese Haltung ist geradezu absurd wenn man einen Handlungsbedarf sieht und dann handelt (selbst, wenn es nicht die perfekte Lösung ist), ist das Aktionismus?
Rechtschreibung ist für die Funktion von Sprache nicht wichtig - weder historisch gesehen, noch heute.
Buchstäblich genau exakt so funktioniert Sprache. Es sind laufend hunderttausende Experimente aktiv, inklusive regionaler Dialekte, Jugendsprache, Einflüsse aus Fremdsprachen, etc. Das ist Sprachwandel. Am Ende setzt sich immer irgendwas durch. Anstatt also abzulehnen, dass sich irgendwas ändert, bis die „perfekte“ Lösung gefunden ist, ist am produktivsten, den Wandel mitzugestalten, indem man schlechte Ansätze verbessert und die verbesserten Varianten aktiv nutzt und verbreitet. Ansonsten ist man nur Bewahrer:in um des Bewahrens Willen.
Muss das sein? Alle, die Gendersternchen oder Binnen-I oder Doppelpunkt nutzen, sind also nicht bei klarem Verstand?
Ist das so? Oder ist es nur neu und ungewohnt und deshalb fühlt es sich danach an? Woran erkennt man den Unterschied?
@Selena-Lowell hat es schon so oft gesagt, und das kann ich nur unterstützen: Ziel muss aus meiner Sicht irgendwas sein, das allumfassend inklusiv ist, das jeden Menschen meint. Wenn die aktuellen Lösungen wirklich unzulänglich sind, dann werden sie sich langfristig auch nicht durchsetzen. Im Falle der Anrede gibt es zwei im Thread genannte gute Mittel: Entfallen lassen oder eine Freitextbegrüßung ermöglichen, die alle für sich selbst eintragen können. Für viele andere Fälle reicht das freilich nicht aus. Darum, anstatt eine Verweigerungshaltung einzunehmen, kann ich nur empfehlen, mitzumachen, zuzuhören, nachzudenken und etwas zu finden, das besser funktioniert.