Ich habe die Vermutung, dass 50-30-20 nicht dein Ding ist und du dir eigentlich eine Art Envelope-Budgeting wünschst.
Du hast, vielleicht unbewusst, etwas aufgedeckt, was ich bei keinem Programm wirklich gut gelöst finde: die Kombination von Monats- und Jahresbudgets. Ein typischer Fall: Versicherungsbeiträge, die man nur einmal im Jahr zahlt. In der Regel brechen Programme wie YNAB ein Jahresbudget dann aufs Monat herunter, teilen es quasi auf. Die Idee ist natürlich, dass man in den restlichen Monaten das Geld halt beiseite legen muss, damit es dann zur Verfügung steht, wenn die Rechnung kommt: YNABs Ansatz ist, jedem Pfennig, der monatlich reinkommt, „eine Aufgabe“ zu geben. Da macht das dann schon Sinn. Man füllt ein Budget (Envelope) über Monate hinweg auf und gibt dann alles in einem Rutsch aus. Oder halt ungleichmäßig übers Jahr hinweg verteilt. Du hast ja noch ein anderes viel komplizierteres Beispiel gebracht: Dein Betrachtungszeitraum geht über die Jahresgrenze. Damit können auch Apps nicht umgehen, die mit einem Jahresbudget planen.
Ist aber eben eine grundsätzlich andere Philosophie als Tomorrows Ansatz, bei dem „verhagelte“ monatliche Budgets kein „Problem“ sind. Die Idee hier ist vielmehr herauszufinden, ob die alltäglichen kleinen Ausgaben in dem Rahmen sind, der die gewünschte Sparquote ermöglicht. Man muss hier vorher wissen, was die laufenden Grundkosten sind. Dann teilt man in „normalen“ Monaten den Rest gemäß den eigenen Verhältnissen in 30 und 20 auf. Oder was eben individuell passt. Diese Richtwerte enthalten natürlich keine größeren irregulären Ausgaben wie ein neues Auto, eine größere Reise o. ä. — das dürften für die meisten Leute Ausgaben sein, die nicht aus dem Alltagsbudget bestritten werden, sondern dann eh aus einem Spartopf kommen. „Verhagelte“ Monate sind total in Ordnung, weil man ja Geld beiseite gelegt hat. Das weiß man ja in dem Moment dann auch. Dieser Ansatz taugt aber zum Beispiel nicht wirklich, ein Budget für Kleidung oder für Restaurantbesuche oder sonstwas zu verfolgen.
Du willst eine Art Sonderbudget über mehrere Monate unregelmäßig verfolgen. Wenn Tomorrow jetzt das Thema Statistik in der App als Budget-Tracker konzipiert hätte, dann wäre es vermutlich viel wahrscheinlicher, dass neue Funktionen zum (Envelope-)Budget-Tracking hinzukommen. Immernoch ist es nicht trivial, sowohl Monats- wie Jahresbudgets gemischt zu kombinieren. Das kann z. B. auch Revolut nicht. Da das aber nicht Tomorrows konzeptioneller Ansatz ist, halte ich es persönlich für unwahrscheinlich, das Tomorrow so etwas auf den Plan setzt. Sofern sie nicht von den Nutzern das eindeutige Signal bekommen, dass das gewünscht wird.
Was ich an deiner Stelle tun würde, wenn ich nicht auf eine weitere App zugreifen wollen würde:
CSV-Datei für den Zeitraum laden, der betrachtet werden soll. Dieser Zeitraum kann in der App mit Start- und Endtag definiert werden, maximal 6 Monate. Die Datei lade ich dann auf den Laptop. Mit „Numbers“ öffne ich die Tabelle. Ein einfaches Markieren beliebiger Tabellenzellen zeigt unten dann die Summe an. Klappt bei Excel auch. Das wäre für mich in dem beschriebenen Fall deutlich weniger Aufwand, als zwischen App und Taschenrechner hin- und her zu springen. Aber ist halt zusätzlich ein Laptop im Spiel. (Statt einer Tabellenkalkulation würde ich tatsächlich Moneymoney nutzen, also eine Drittanbieter-App, die die Transaktionen des Tomorrow-Kontos direkt über die PSD2-Schnittstelle importieren kann. Macht es noch einmal einfacher, der erste Schritt, CSV-Datei erstellen, entfällt.)
Damit kannst du allerdings keine Budgets überwachen (dein Kernkritikpunkt). Hier ist mein bester Tipp tatsächlich eine zusätzliche App wie Moneymoney. Gibt ja noch eine Reihe anderer Alternativen, Moneymoney ist zum Beispiel nicht für Smartphones verfügbar. Ich würde jetzt mal frech behaupten, dass das schon ein ziemlich spezifischer Feature-Wunsch ist, der zwar für dich essentiell ist, aber vielleicht nicht für die breite Masse. Was ich gelernt habe aus diversen Projekten mit Studierenden zu diesem Thema ist, dass viele Usability- und Interface-Design-Ideen auf solchen sehr spezifischen Ideen basieren und es dann schon in einer kleinen Gruppe eine enorme Herausforderung ist, die „ideale“ Funktionalität für eine Mehrzahl an Nutzern zu finden. Ich würde sagen, was die Sparkassen mit den individuell vergebenen Schlagwörtern anbieten, kommt Nahe. Das sind im Prinzip Tags, die man Kategorie-übergreifend vergeben kann. Man kann dann auch den Betrachtungszeitraum anpassen. Hatte die Hypovereinsbank auch mal so ähnlich. Weiß ich aber nicht, wie aktuell das ist, ich habe dort seit über 10 Jahren kein Konto mehr.
Ich kritisiere nicht deine Idee oder deinem Feature-Wunsch. Aber gerade in speziellen Fällen finde ich den Verweis auf zusätzliche Apps dann halt doch legitim. Deren Stärke ist es ja dann, genau solche Fälle abzudecken. Keine Multibanking-App löst alle individuellen Wünsche gleich ein, und es ist dann hier ja spannend, wenn man die Option hat, verschiedene Apps auszuprobieren.
Ich bin hier übrigens kein Vertreter des Produktmanagements von Tomorrow, sondern gebe „als Anderer“ meinen privaten Senf dazu. Weil mich das Thema PFM eben selbst interessiert. Ich finde es übrigens auch schade, dass die Diskussionsrunde hier überschaubar ist. Liegt vielleicht auch am Wetter, ich gehe jetzt wieder mein Fahrrad aufmöbeln, es braucht neue Schutzbleche. Schönen Sonntag! 