Ich denke, man muss zuerst einmal das Thema Zertifikatehandel gesondert verstehen: Der Zertifikatehandel ist ja eine Handelsbörse, über die CO2-Erzeuger ihren Ausstoß kompensieren. Kann man sich auch wie die Stromrechnung vorstellen: Wer mehr Strom verbraucht, hat höhere Stromkosten. Wer mehr CO2 verbraucht, hat höhere „CO2-Verbrauchskosten“. Natürlich wird Strom und CO2 laufend verbraucht. Es fallen laufende Kosten dafür an. Zertifikate für CO2-Kompensation sind also Mengen-bezogene Abgeltungsleistungen, nicht zeitbasierte Schutzverträge, und müssen jährlich erneuert werden, so wie man am Jahresende die Abschlussrechnung über den Stromverbrauch bekommt.
Im nächsten Schritt kann man sich ansehen, was Climate Partner mit dem Geld macht. Hier scheint mir dieser Hinweis wichtig: „Die örtlichen Landnutzungsrechte sind gesetzlich schlecht geregelt.“ – Das Land vor Abholzung zu schützen, ist ein laufender Aufwand. Climate Partner bzw. deren Projektpartner kauft das Land nicht und dann ist alles gut. Der Regenwald bekommt vielmehr einen Babysitter.
Kurz zurück zu den CO2-Zertifikaten: Die CO2-Speicherkapazität des Regenwaldes lässt sich berechnen. Für das Projekt gibt Climate Partner 145.000 Tonnen pro Jahr an.
Jetzt wird’s ein bisschen tricky. Wir wissen nun, was die jährliche C02-Speicherleistung des Regenwaldes ist. Wir wissen ebenfalls, was CO2-Zertifikate auf dem Markt kosten. Was man davon ableiten kann ist, welche Einnahmen sich aus dem Zertifikatehandel mit diesem Stück Regenwald erwirtschaften lassen. Was sich nicht ableiten lässt: was der Erhalt dieses Regenwaldes eigentlich kostet. Man weiß lediglich, wie viel Geld man dafür übrig hat, und dann im Sinn des Projekts investieren kann. Es gibt keinen direkten Bezug zwischen CO2-Zertifikatepreis und Schutzdauer eines Quadratmeters. Nur solange es den Wald gibt, kann man die Zertifikate verkaufen, die dann eine Laufzeit eines Jahres haben.
Was macht Climate Partner also nun mit dem Geld? Neben der Projektbeschreibung und dem, was ich mit Babysitting umschrieben habe, gibt hier die Liste „Beitrag zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs)“ Auskunft. Zum Beispiel: „Kein Hunger –
Anlegen von Gemüsegärten, Fischzuchtbecken und Geflügelfarmen. Imkereikurse ermöglichen zusätzliches Einkommen (z.B. Verkauf von Honig).“ Das ist also klassische Entwicklungshilfe, nicht der massenhafte Aufkauf von Waldfläche, wo man dann ein Schild „Abholzen Verboten“ dran macht.
Erhalt von Regenwald und der Verkauf der daran gebundenen CO2-Zertifikate ist also ein Finanzierungsweg für das Projekt. Die CO2-Zertifikate müssen laufend erneuert werden, und so ist das bei gleichzeitigem Erhalt des Waldes eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage. Der Wald ist also die Cash cow fürs Projekt.
Jetzt kommt noch ein Kniff: Die Zertifikate sind ja eigentlich für die Kompensation tatsächlichen CO2-Ausstoßes gedacht. Tomorrow kauft die Zertifikate nun auf, aber kompensiert damit nichts. Ein Plus in der Klimabilanz, und nicht ein auf Nullsumme zielender Ausgleich.
Ergänzung: Ein weiterer Punkt fällt mir ein. Die kumulative Darstellung einer Quadratkilometeranzahl. Das ist in der Tat nochmal um die Ecke gedacht. Wie ganz zu Anfang beschrieben geht es um Zertifikate, die nach CO2-Speicherleistung einer Waldgröße X pro Jahr angegeben werden. Rechnerisch ist die Waldgröße X eine andere Maßzahl für CO2-Menge. Durch die Verstoffwechselung von C02 durch den Wald wird CO2 ja tatsächlich „verbraucht“, oder besser, gebunden. Sagen wir, der Einfachheit halber, dauerhaft, solange niemand die Holzkohle aus Bäumen des Waldes verbrennt. Diese CO2-Bindungsleistung kumuliert sich mit dem Fortbestand des Waldes.
- Laufzeit der Zertifikate 1 Jahr
- CO2-Speicherkapazität je Waldgröße X pro Jahr → kumulierte Speicherleistung
- dadurch „geschützte Waldgröße X“ austauschbare Maßzahl für Angabe der Speicherleistung in CO2